Selbstfürsorge, und was das bedeutet

Vor kurzem habe ich dieses Foto auf sozialen Netzwerken geteilt. Ich hatte mich selbst zum Frühstück eingeladen, an einem sonnigen Sonntag im Mai. Das Essen war großartig und ich habe die Zeit mit mir selbst sehr genossen. Versehen habe ich dieses Foto mit einigen Hashtags, unter anderem #self-care, was übersetzt so etwas wie “Eigenfürsorge” bedeutet. Der fürsorgliche Umgang mit sich selbst eben. Und das war es auch. Ich hatte mich selbst auf Kaffee und gutes Essen eingeladen. Aber es war mehr als nur an einem hübschen Ort zu sitzen und eine gute Mahlzeit zu verzehren, davon ein Bild zu machen und auf sozialen Netzwerken zu teilen. Ich habe ganz aktiv Zeit mit mir verbracht.
Und ein Foto von leckerem Essen zu posten, es mit einem self-care Hashtag zu versehen, nun, das ist einfach. Das ist der einfache, glamouröse Teil der Selbstfürsorge. Das ist der Part, an dem man gut zu sich selbst ist. Und auch noch gesellschaftsfähig und soziale-Netzwerke-würdig.
Was nicht einfach ist und war, was nicht glamourös ist und war, ist die Nacht die diesem Foto vorausgegangen war. Die Nacht davor bin ich alleine in der Küche gesessen und habe etwa zehn Minuten lang geheult. Warum, wollt ihr wissen?
Weil ich die Wochen davor gemein zu mir gewesen war. Ich war meinen eigenen Fehlern und Makeln gegenüber unerbittlich. Ich war wütend gewesen, dass ich die Situationen, die ich durchlebt hatte, nicht so gehandhabt hatte wie ich hätte „sollen“. Ich hatte von mir erwartet, nicht menschlich zu sein und positiv eingestellt zu sein, und warum machst du überhaupt so ein Drama daraus und wovor genau hast du eigentlich solche Angst?

Alles in allem, war ich eine furchtbare Freundin mir gegenüber gewesen. Und dann wurde ich wütend auf mich, weil ich wütend auf mich gewesen war (was jetzt nicht sehr hilfreich ist, aber es zeigt wie komplex menschliche Emotionen sind). Der Punkt ist, ich saß in der Küche und musste mir eingestehen, dass ich sowohl Opfer als auch Täterin gewesen war. Und das war hart. Und zu denken, dass ich manchmal meine größte Feindin bin, tut immer noch weh.
Aber damit umzugehen, es eingestehen und zulassen – ALLE meine Gefühle wahrzunehmen, das ist auch Teil des fürsorglichen Umganges mit sich selbst. Zumindest für mich.
Ich tendiere dazu, stets das Beste von mir zu verlangen, vor allem wenn ich mit schwierigen Situationen zu tun habe. Weil ich es ja besser wissen SOLLTE. Und weil ich es eigentlich auch tatsächlich besser weiß. Aber trotzdem ist es so, dass mich meine Emotionen wie Bruchwellen überschwappen und mit sich reißen. Und dann braucht es eben Zeit, bis ich wieder an die Oberfläche gelange. Und je mehr ich von mir erwarte, kein großes Drama daraus zu machen, desto länger dauert es bis ich wieder „oben“ bin. Es dauert länger, wieder zu mir selbst zu finden. Es dauert länger, gesund und glücklich zu sein. Und wenn ich in dem „du solltest es besser wissen“ gefangen bin, dann geht es mir nicht gut. Dann bin ich nicht gesund. Und am Schlimmsten ist, dass ich dann so viel Zeit und Energie damit verschwende, von mir zu verlangen, dass ich jemand bin, der ich nicht sein kann.
Also, im Angesicht eines Artikels den ich vor kurzem gelesen habe (der hier zu finden ist), möchte ich besser mit mir umgehen. Und während ich gerade diese Zeilen schreibe – vielleicht werde ich eure Pinnwände und Timelines und Newsfeeds mit Bildern zupflastern, wie die Eigenfürsorge noch so aussehen kann.

Schließlich leben wir in Zeiten und einer Kultur, in der wir stets nur das Beste von uns preisgeben. Und selbst dieses Beste ist manchmal gelogen. Denn, wenn sogar Supermodels vor Photoshop nicht sicher sind, wo ist dann die Realität?
Also wie wäre es, wenn wir alle ein bisschen realistischer und realer werden, was den fürsorglichen Umgang mit uns selbst betrifft? Weil es eben nicht, wie im zuvor erwähnten Artikel beschrieben, immer nur um „Salzbäder und Schokolade“ geht. Das kann schon auch ein Aspekt der Selbstfürsorge sein. Aber sie bedeutet auch viel Mühe und harte Arbeit und schwere Entscheidungen. Aber verdammt nochmal, wir sind es doch alle wert! 🙂

 

Hinterlasse einen Kommentar

Erstelle kostenlos eine Website oder ein Blog auf WordPress.com.

Nach oben ↑